Arbeitende Alleinerziehende, wie kannst du nur Mädchen?

Einfach mal die Fresse halten #3

In diesem Beitrag der Reihe zu Vorurteile vs. Fakten geht es darum, was du dir als arbeitende Alleinerziehende anhören darfst. Ein Gedicht!

Vorurteil Nr. 7

„Ja das ist schon nicht schön, wenn man gezwungen ist sein Kind so früh in die Krippe zu geben.“ – Ich wurde gezwungen mein Kind mit 14 Monaten in die Krippe zu geben.

Fakt Nr. 7

Ich wurde nicht gezwungen, mein Kind in die Krippe zu geben. Ich hatte 14 Monate Elternzeit. Wenn du alleinerziehend bist, bekommst du die 2 Monate Elternzeit des Mannes mit dazu. Ist ja auch nett. Jedenfalls habe ich meine Tochter mit 14 Monaten in die Krippe gegeben, bzw wir haben als sie 13 1/2 Monate alt war, die Eingewöhnung angefangen. Klar war das früh, aber auch wenn ich einen Partner gehabt hätte, hätte ich sie spätestens mit eineinhalb in die Krippe gegeben. Also auch nicht viel später.

Für den ein oder anderen ist das vielleicht nicht zu verstehen. Viele bleiben gerne Zuhause bei den Kindern, auch gerne länger als 3 Jahre. Finde ich auch total ok. Ich selber aber bin immer arbeiten gegangen. Ich habe mit 12 angefangen mir mit Babysitten und Zeitungen austragen mein Taschengeld aufzubessern. Als ich älter war, so 15/16 habe ich angefangen regelmäßig nach der Schule in der Arztpraxis meiner Eltern zu arbeiten – bis zum Abi. Da ich eigentlich Medizin studieren wollte, war das ideal für mich, so schon frühzeitig Wissen zu sammeln.

Daher war ich es gewohnt mein eigenes Geld zu verdienen und ich arbeite gerne. Ich liebe meinen jetzigen Job. Da ich allerdings schon im 2. Schwangerschaftsmonat ins Beschäftigungsverbot geschickt wurde, war ich insgesamt fast 2 Jahre Zuhause. Natürlich habe ich die Zeit mit meiner Tochter sehr genossen, aber am Ende ist mir auch die Decke auf den Kopf gefallen. Daher war für mich klar, nach 14 Monaten Elternzeit wieder zu arbeiten.

Jeder hat das Recht, es für sich selbst zu entscheiden!

Das hat nichts damit zu tun, sein Kind abzuschieben und von anderen Leuten erziehen zu lassen, weil du selber keinen Bock darauf hast. Ja, wurde mir vorgeworfen, dass ich mein Kind abschiebe und von Fremden erziehen lasse, anstatt es selber zu machen. Ich bin eine arbeitende Alleinerziehende, na und? Also Erstens, ich glaube, dass es für mein Kind gut ist, Kontakt mit anderen Kindern zu haben und zu lernen, dass Mama arbeiten geht. Daran ist nichts verkehrt. Geld wächst nicht auf den Bäumen und ich möchte, das mein Kind lernt, dass es nicht selbstverständlich ist, dass wir uns gewisse Dinge leisten können. Und ich spreche hier von einfachen Dingen, wie z.B unterwegs einfach mal ein Brötchen oder Eis kaufen, oder doch 2 statt nur ein Buch im Buchladen mitzunehmen. Für viele ist das selbstverständlich, aber es gibt viele Familien, für die das Luxus ist. Ich merke auch, dass ich das oft als selbstverständlich nehme, aber ich glaube, wir sollten uns alle öfters mal bewusst machen, wie gut es uns eigentlich geht.

Zweitens, muss ich arbeiten gehen, wer bezahlt mir sonst unseren Lebensunterhalt? Von Harz IV will ich bestimmt nicht abhängig sein, wenn ich mir seit ich 12 bin selber mein Geld verdiene. Als berufstätige Mutter wirst du heutzutage immer noch von vielen Leuten kritisiert. Wieso? Mein Kind hat davon definitiv keinen Nachteil, eher im Gegenteil. Meine Tochter geht wirklich gerne in die Krippe und freut sich jeden Tag auf ihre Freunde. Sie weiß, dass ich arbeiten gehe und sie, wenn ich fertig bin wieder abhole. Dann machen wir was Schönes zusammen. Es gibt Umstände und Situationen, die kann man nicht ändern. Wenn du es für dein Kind schön machst und den Stress und Druck raus nimmst, dann nimmt dein Kind es aber alles nicht als Stress oder Belastung wahr. Meine Tochter und ich haben morgens bestimmte Rituale, die sie selber toll findet, dadurch findet sie es nicht schlimm, früh aufzustehen.

Kleines Beispiel dazu:

( Passt nicht zu „arbeitende Alleinerziehende“ im Kontext, aber du weißt gleich, was ich damit sagen will)

Als ich und meine Geschwister klein waren, waren wir alle oft sehr krank. Und damit meine ich keine Erkältung, sondern wir mussten oft und teilweise länger ins Krankenhaus. Da würden einige jetzt sagen “ Oh wie schrecklich!“. Ja natürlich ist schön was anderes, aber die Erinnerungen, die ich an die Zeiten habe, sind trotzdem schön. Denn meine Mutter hat es geschafft, aus unschönen Situationen schöne Situationen zu machen. Wenn ich an bestimmte Krankenhausaufenthalte denke, erinnere ich mich nicht an die Ärzte oder die Untersuchungen.

Ich erinnere mich daran, dass wir Bücher gelesen haben, die Kleine Hexe und meine Mama dann mit mir los ist, und mir Maronen gekauft hat, weil ich die so gerne essen wollte, weil die Kleine Hexe welche gegessen hat. An einen Operationsaal von Playmobil und Bibi und Tina Kassetten erinnere ich mich, an ein hellblaues Glitzerkleid für meine Barbie was ich ungemein toll fand. An Kartenspiele und eine orange/weiß gestreifte Katze, die so schön flauschig war. Mir wurde vorgelesen, wir haben gespielt, Zuhause durfte ich meine Puppen eingipsen oder verbinde. Ich hab nicht in Erinnerung, dass ich doll krank war, ich habe schöne Zeiten mit meiner Mama im Kopf wenn ich daran denke – Mama du bist die Beste, dafür liebe ich dich!

Zurück zum Thema, es ist noch Luxus sagen zu können, ich gebe mein Kind mit 14 Monaten in die Krippe. Es gibt auch Eltern die sind gezwungen ihr Kind mit 6 Monaten in die Krippe zu geben. Sie müssen arbeiten, sind auf das Geld angewiesen, damit sie ihrem Kind den Lebensunterhalt finanzieren können. Sind sie deshalb schlechtere Eltern? Nein, auf keinen Fall! Diese Eltern verdienen unseren Respekt. Geht halt manchmal nicht anders.

Vorurteil Nr. 8

„Deine arme Tochter, dass sie so früh morgens in die Krippe muss.“ – Mein Kind leidet, weil ich als arbeitende Alleinerziehende mein Kind früh morgens in die Krippe geben muss.

Fakt Nr.8

Da ich als Krankenschwester im Schichtdienst arbeite, muss ich dementsprechend auch morgens früh anfangen zu arbeiten. Da ich eine sehr tolle Stationsleitung habe, die wie die anderen Kollegen, sehr auf meine Situation Rücksicht nimmt, fange ich um 6.35 Uhr an zu arbeiten.

Wenn ich Frühdienst habe bringe ich meine Tochter morgens um 6 Uhr vor dem Dienst in die Krippe. Natürlich ist das früh, und ich würde sie manchmal auch gerne länger schlafen lassen. Geht aber nicht, und es sind selten mehr als 3 Tage am Stück, an denen sie so früh aufstehen muss. Ich arbeite 75%, das heißt, dass sie auch öfters ausschlafen kann. Ich arbeite nicht montags bis freitags sondern habe auch mal in der Woche frei.

Was allerdings super ist, ist, dass meine Tochter sowieso eine Frühaufsteherin ist. Selbst wenn wir nicht früh hoch müssen steht sie oft vor oder um 6 Uhr auf. Wenn ich Frühdienst habe, stehe ich selber um 4.15 Uhr auf, mach mich fertig, mache ihr ein Brot und ein bisschen Obst in ihrer Dose fertig. Das ist ein Ritual, das darf morgens nicht fehlen und muss auf dem Tisch stehen wenn sie in den Flur kommt.

Wie das Ganze abläuft?

Ich wecke sie dann immer erst kurz bevor wir losgehen. Sie zieht sich an, geht aufs Klo und dann gehen wir los. Selbst wenn sie so früh aufsteht, sie leidet definitiv nicht. Sie steht mit guter Laune und einem Lachen im Gesicht auf. Sie freut sich selbst an diesen Tagen auf die Krippe. Warum? Also erstmal wecke ich sie ja nicht mit „Tür auf und aufstehen rufen“. Nein, Mama streichelt immer erstmal ihre Wange und den Rücken und weckt sie vorsichtig. Dabei immer ein Lied singen, morgens um 5.15 Uhr, klar macht Mama doch gerne ;). Und dann muss noch die „Killi-Spinne“ kommen. Die Killi-Spinne kitzelt meine Tochter nämlich wach. Und wenn sie dann in den Flur läuft und ihre fertige Brotdose auf dem Tisch entdeckt hat, freut sie sich ganz besonders. So kann der Tag ja nur gut anfangen!

Dazu kommt, dass ihre Lieblingserzieherin jeden Morgen ab 6 Uhr da ist und sie in Empfang nimmt. Darüber freut sie sich immer. Die wird schon gerufen, wenn wir noch nicht mal ganz drin sind, weil sie weiß, dass sie da ist. Also ich kann euch sagen, nein mein Kind leidet nicht darunter, an manchen Tagen so früh aufzustehen.

Vorurteil Nr. 9

“ Als arbeitende Alleinerziehende verpasst die Kindheit deiner Tochter und machst sie unglücklich. Wie willst du beurteilen, was das Beste für sie ist!“

Fakt Nr. 9

Lass diese Aussage mal einen Moment auf dich wirken. Und hör mal in dich rein. Was würdest du einer Person antworten, die sowas zu dir sagt?

…..ehrlich gesagt habe ich persönlich gar keine Lust, auf so etwas zu antwortet. Da blieb mir wirklich die Luft weg, so respektlos war das! Aber andererseits macht es mich dann auch so unglaublich wütend.

Was bildest du dir eigentlich ein? Du kennst weder unser Leben, noch meine Tochter. Da ich ihre Mutter bin, weiß ich am besten, was gut für sie ist. Ich verpasse nichts von ihrer Kindheit, nur weil ich eine arbeitende alleinerziehende Mutter bin.

Dazu sage ich mal Folgendes:

Wer ist jede Nacht da und steht auf, wenn sie weint? Wer hat sie Monate lang gestillt und war Tag und Nacht in Bereitschaft? Hat selber immer nur ein paar Stunden Schlaf bekommen und trotzdem alles mit guter Laune hinbekommen. Wer war da und hat sie getröstet als sie ihren ersten Zahn bekommen hat, das erste Mal hingefallen ist, sich das erste Mal gestoßen hat? Zu wem hat sie ihr erstes Wort gesagt?

Wer war dabei, als sie ihre ersten Schritte gemacht hat? Das erste Mal etwas richtiges gegessen hat, ihren ersten Lachanfall hatte, ihren ersten Wutanfall? Wer ist abends da und hält ihre Hand beim Einschlafen? Wem sagt sie, dass sie diejenige den ganzen Tag liebt? Wer malt mit ihr Bilder, bastelt morgens um 6 mit ihr Karten? Wer macht ihr nachts um halb 3 ein Brot weil sie Hunger hat? Was glaubst du, wer ist diese Person?

Das bin ich, ihre Mutter! Also sag du mir nicht, dass ich die Kindheit meiner Tochter verpasst hätte oder verpasse, weil sie jetzt in die Krippe geht. Glaub mir, ich kann sehr gut beurteilen, was gut für sie ist und was nicht. Meine Tochter ist glücklich. Das sehe ich jeden Tag und das zeigt sie mir jeden Tag. Und Überraschung, dass sagen auch alle, die sie kennen lernen. Was für ein fröhliches und glückliches Kind sie ist.

Meine Meinung:

Ich finde es sehr respektlos, mir als arbeitende Alleinerziehende vorwerfen zu wollen, es wäre schlecht für mein Kind, dass ich arbeiten gehe und dass ich mich auch noch weiterbilden möchte. Auch als Mutter oder Vater hast du das Recht, noch weiter voran zu kommen in deinem Job. Das machst du für dich und für dein Kind, nicht für irgendjemanden sonst. Deshalb ist es egal was andere Leute dazu sagen. Aber wo ist bitte heutzutage die Toleranz und der Respekt?

Alle arbeitenden Eltern, und gerade die arbeitenden Alleinerziehenden haben Respekt und Anerkennung verdient. Sie haben zwei Jobs, Zuhause und bei der Arbeit. Und sie managen alles, damit es den Kindern gut geht. Manche haben 3 oder 4 Jobs, damit sie ihren Kindern etwas bieten können und verzichten auf jegliches Privatleben. Hut ab und Hochachtung vor diesen Eltern. Ihr könnt stolz darauf sein, was ihr jeden Tag leistet.

Teil 1 und 2 zu der Vorurteile vs. Fakten Reihe findest du hier: https://alleinerziehend-kann-ich.de/category/dezember-2019/

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